Reisetagebuch Spitzbergen Februar-März 2003

Samstag, 22. Februar 2003

Wieder einmal ist es soweit. Es geht los! Ziel: Spitzbergen!

Koffer und Rucksack sind gepackt und nach einem besonders stressigen Tag gestern in der Fiirma treibt es mich nur noch nach Norden.

Meine Mutter fährt mich und mein ganzes Gepäck zur S-Bahnstation, an der ja bekanntlich das "Abenteuer Arktis" beginnt. Die S-Bahn bringt mich zum Rhein-Main-Flughafen und dann gegen Mittag die SAS nach Oslo-Gardemoen.

In Oslo habe ich nicht viel Zeit. Gepäck abholen. Wo ist eigentlich Laura? Sie kommt mit dem Flugzeug aus Zürich und wir wollen uns hier treffen. Viel Zeit ist wirklich nicht, also das Gepäck durch den Zoll und gleich wieder nach Tromsø einchecken. Gepäck eingecheckt - die Zeit wird knapper - wo ist eigentlich Laura? Ah! Super! Laura entdeckt! Begrüßung. Jetzt aber schnell zum Gate. Laura ist schon bestens mit dicker Jacke und hohen Stiefeln arktisch verpackt. Deshalb auch die Frage am Gate beim kontrollieren des Tickets: "Are you going to Svalbard??". Wie kommt man darauf bloß?

Der Flug nach Tromsø mit Braathens ist nicht so langweilig wie der nach Oslo! Die Zeit geht schnell rum, denn es gibt viel zu erzählen seit unserem letzten Treffen in Frankfurt vor drei Monaten bei dem wir diese Tour geplant und vorbereitet hatten. Eine Besonderheit dieser Vorbereitung war übrigens der Besuch auf der Schießbahn bei dem Schützenverein in Heusenstamm bei dem wir Gewehrschießen geübt haben um uns notfalls gegen Eisbären besser verteidigen zu können.

In Tromsø schneit es und sieht allgemein sehr winterlich aus. Bei der Landung schneit es sogar ziehmlich stark, ich glaube in Frankfurt hätte man sich vielleicht schon nicht mehr zu landen getraut, aber hier, nördlich des Polarkreises, ist das normal. Wir bringen mit einem Taxi unsere Gepäckberge ins Hotel (AMI-Hotel, Skolegata) und gehen dann zum Abendessen zum "Skarven - Biffhuset" wo wir schon über Internet reserviert haben.
 

Sonntag, 23. Februar 2003

Ausschlafen, Frühstücken. Wieder geht es zum Flughafen. Heute fliegen wir in die Arktis, nach Spitzbergen, Longyearbyen!!

Wir landen wie im letzten Jahr auf einer total vereisten Landebahn, aber die Braathens-Piloten wissen schon wie man eine 737 auf Eis landet. Longyearbyen empfängt uns mit -9 Grad und leichtem Schneefall. Wir bringen unsere Sachen ins Hotel (Radisson SAS Polar Hotel), ziehen uns arktismäßig um und gehen zwei Stunden nach draußen.

Ein tolles Gefühl wieder hier zu sein! Longyearbyen ist ein faszinierender Ort! Mitten in der arktischen Wildnis ein kleines Stück Zivilisation.

Ankunft in Longyearbyen
 

Für die, die es noch nicht kennen:
Longyearbyen hat etwa 1200 Einwohner und ist die "Hauptstadt" der Inselgruppe Spitzbergen, die die Norweger "Svalbard" nennen. "Spitsbergen" (mit "s") ist die norwegische Bezeichnung für die Hauptinsel auf der auch Longyearbyen liegt. In Longyearbyen hat der Sysselmann (Gouverneur),  der vom norwegischen König eingesetzt wird und die Inselgruppe verwaltet, seinen Sitz.
Die einzigen weiteren Orte auf Spitzbergen sind Ny Ålesund (ca. 100  Einwohner, nur Forschungsstationen) und Barentsburg (Russisch, ca. 1200 Einwohner).  Es gibt keine Straßenverbindungen dazwischen. Die längste Straße, die aus Longyearbyen hinausführt endet nach etwa 10 km an der Kohlegrube Nr. 7 und dem EISCAT-Forschungsradar auf einem Berg.
Auf Spitzbergen gibt es noch die Kohlegrube "Sveagruva", ein paar Jägerhütten und wenige Trapper, einige verlassene Hütten, ein paar verlassene russische Siedlungen und etwa drei- bis fünftausend Eisbären, die sich irgendwo aufhalten wo sie auf Futter hoffen. Oft trifft man Svalbardrentiere an, es gibt ansonsten noch Robben, Walrösser, Polarfüchse und im Sommer unheimlich viele Vögel.
Longyearbyen ist angeblich ein "ganz normaler norwegischer Ort" mit Wohnhäusern, ein paar Hotels und Gästehäusern, Restaurants einem kleinen Einkaufszentrum und einem Supermarkt, Krankenhaus, Schule, Kindergarten (Eisbärensicher!), Autovermietung (ca, 40 km Straßennetz!) und Schneescootervermietung und Flugplatz. Außerdem gibt es hier eine Außenstelle der norwegischen Universitäten und diverse Forschungsinstitute. Die arktische Wildnis beginnt nicht unbedingt am Ortsrand, der Ort ist Wildnis.
Longyearbyen leigt fast auf halber Strecke zwischen Tromsø in Nordnorwegen und dem Nordpol.
Wäre wir die selbe Strecke von zu Hause statt nach Norden nach Süden geflogen wäre ich in der Sahara an der südlichen Grenze Algeriens und Laura irgendwo in Nigeria. Das wäre uns aber viel zu warm!

Am Abend sitzen wir ganz gemütlich im Restaurant des Hotels und während ich ein hervorragendes Elch-Steak esse ist draußen ein heftiger Schneesturm am toben. Es ist schon ein sehr eigeneartiges Gefühl in einem geheizten Restaurant in der arktischen Wildnis an einer Isolierglasscheibe zu sitzen und sich anzuschauen wie draußen die Natur tobt. Wie mag das wohl jetzt in einer Jägerhütte sein? Wie wäre es hier ohne den elektrischen Strom und die Fernwärme aus dem Kraftwerk, in dem die Kohle aus der Grube 7 verfeuert wird?

Zum Glück wohnen wir nicht in einer Jägerhütte sondern in einem komfortablen Hotel mit warmen Zimmern. Ich gehe schlafen, draußen tobt der Schneesturm - Die Arktis kann so richtig gemütlich sein.
 

Montag, 24. Februar 2003

Wir stehen unglaublich früh auf weil wir um 8:15 zu einer Motorschlittentour starten wollen. Nach dem Frühstück laufen wir zu der Motorschlittenvermietung wo unser Guide Håkan schon auf uns wartet. Für diese Tour hat sich sonst niemand angemeldet und so werden wir mit drei Schlitten starten. Doch zuerst kommt die Einkleidung. Fährt man auf eiem Motorschlitten kommt zu der Kälte und dem Wind noch der Fahrtwind dazu. Bei ganz normalen Fahrgeschwindiglkeiten kann man Windchillwerte von -50 bis -60°C erreichen. Dafür ist eine gut wärmeisolierende Kleidung derforderlich, die der Veranstalter zur Verfügung stellt. Außerdem ist es ab diesem Jahr Vorschrift mit Helm zu fahren, dies ist sicherer aber auch kälter als die warmen Kappen im letzten Jahr.

Näheres über Motorschlitten und Bilder davon gibt es in meinem Reisetagebuch " Februar 2002 ".

Das Wetter ist gut, die Temperatur beträgt etwa -13°C. Zunächst fahren wir durch das Adventdalen um den Adventfjord herum auf einen Hügel von dem aus man einen tollen Blick über den zugefrorenen Fjord und Longyearbyen hat. Wir genießen die aussicht und finden es schon hier so toll, dass man stundenlang bleiben könnte, aber es gibt ja noch weitere Ziele.

Blick über den zugefrorenen Adventfjord auf Longyearbyen

Wir fahren wieder quer durch das Adventdalen in das Todalen ("Todalen" bedeutet "Das Tal Nummer zwei") und dann etwa die selbe Strecke wie im letzten Jahr nach Westen. Nur diesmal geht es etwas weiter zur verlassenen russischen Siedlung Colesbukta. Wir halten mitten in dieser Geisterstadt an, bestaunen die verlassenen Häuser und haben einen tollen Ausblick über den Isfjorden. Früher wurde hier die Kohle aus Grumantbyen, das ebenfalls verlassen ist, nach Russland verschifft. Als die Kohlegrube nicht mehr genug hergab wurde sie geschlossen und die Orte verlassen.

Adventdalen

Colesbukta

Colesbukta

Die Fahrt geht dann wieder weiter zurück Richtung Longyearbyen, den Gletscher runter und durch den Ortsteil Sverdrupbyen zurück zur Schneescootervermietung.
Eine tolle Fahrt mit vielen schönen Eindrücken! Allerdings war es auch nicht ganz unproblematisch. Ein besonderes Ärgernis war es für mich dass öfter meine Brille beschlägt und dann zufriert. Dann hilft nur noch putzen und möglichst sofort losfahren, der Fahrtwind vermindert das Problem etwas. Ich habe mir vorgenommen bei der nöächsten Spitzbergenreise Kontaktlinsen zu haben, das ist wohl besser.
Zweimal bin ich im Tiefschnee stecken geblieben, unser Guide allerdings auch einmal und zwar so dass wir mindestens eine halbe Stunde gebraucht haben um den Motorschlitten auszugraben und wieder frei zu bekommen.
Wir sind so begeistert, dass wir gleich für morgen die nächste Tour gebucht haben. Da wir gerne eine kleine Gruppe bleiben wollen leisten wir unss den Luxus einen Führer für uns alleine zu buchen, das ist zwar etwas teurer, macht aber auch mehr Spaß. Morgen wird wieder Håkan unser Guide sein.

Wir gehen zurück ins Hotel um uns umzuziehen und von unserer ersten Aktivität etwas auszuruhen. Wir beide, die bis Freitag noch ihren Jobs in geheizten Räumen und zivilisierten, hochtechnisierten Umgebungen  nachgegangen sind und zwei Tage später auf Motorschlitten durch die kalte, arktische Natur brausten sind nach einem Vormittag gut geschafft.
Den Nachmittag verbringen wir im "Café Busen" ("Busen" bedeutet "Kumpel", "Kohlearbeiter"; Longyearbyen ist ein Bergwerksort), mit einem kleinen "Stadtbummel" (was allerdings hier schnell erledigt ist) und fotografieren.

Es wird Abend im Adventdalen

Longyearbyen am Abend

Abendessen gibt es wieder im Radisson SAS Polarhotel.
 

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Klaus-Dieter Friedrich , April 2003    Datenschutzerklärung