Freitag, 18. August 2000
Bei "Svalbard Safari A/S" holen wir unseren vorbestellten Leihwagen, einen Toyota Corolla, ab. Da wir uns zwar in der nächsten Umgebung von Longyearbyen aufhalten wollen, aber doch außerhalb der Siedlung zu Fuß unterwegs sein werden mieten wir uns hier auch noch ein Gewehr und Munition als Schutz gegen Eisbären, die möglicherweise irgendwo auf uns lauern könnten. Dies ist zwar in der Umgebung von Longyearbyen nicht all zu wahrscheinlich, aber wir wollen nichts riskieren. Während der Fahrt mit der Brand haben die bewaffneten Guides diesen Schutz übernommen, aber nun müssen wir auf uns selbst aufpassen.
Dann ziehen wir um in das "Nybyes Gjestehus" in den Ortsteil Nybyen. Dies hat im Wesentlichen zwei Gründe: Erstens ist es historisch, es war früher die Unterkunft der Bergarbeiter. Und der zweite Grund soll auch nicht verschwiegen werden: Es ist erheblich billiger.
Nachdem wir unser Quartier für die nächsten Tage bezogen haben
setzen wir uns in unser Auto und fahren durch den alten, weitgehend demontierten
Ortsteil "Sverdrupbyen" zum Eingang der stillgelegten Grube 1. Hier hat
man einen schönen Ausblick über Nybyen und über das Tal.
Das Wetter läßt uns wieder nicht im Stich: Blauer Himmel, Sonne...
Erster Ausflug mit unserem Leihwagen
Ortsteil Nybyen
Nachdem wir uns hier ausreichend umgeschaut und fotografiert haben fahren
wir in das Adventdal. Das Adventdal ist ein breites Tal mit zahlreichen
Wasserläufen des Adventelva. Es ist sehr gut zugänglich, da eine
ca. 13 km lange Straße von Longyearbyen durch das Tal, vorbei
an dem Trinkwassersee "Isdammen", aus dem der Ort mit Wasser versorgt wird,
auf einen Berg führt. Dort befindet sich die einzige hier noch in
Betrieb befindliche Kohlegrube Nr. 7 und die Forschungsradaranlage "Eiscat".
Von der Hauptstraße aus führen noch ein paar wenige befahrbare
Wege in das Gelände zu Hütten oder stillgelegten Gruben. Alle
Straßen, auch die Hauptstraße sind Sackgassen. Es gibt keine
Straßenverbindung zu den anderen Orten auf Spitzbergen oder sonst
wohin.
Wir suchen uns eine schöne Stelle am Rand der Hauptstraße
und beschließen ein kleines Stück zu Fuß zu erkunden und
Fotomotive zu suchen. Was nun einen Spaziergang in der Arktis von einem
an den meisten anderen Orten unterscheidet ist das wenn auch hier geringe
Risiko zufällig einem Eisbären zu begegnen. So bewaffnen wir
uns nicht nur mit den Fotoapparaten sondern auch noch mit dem Gewehr, das
ich mit vier Schuß geladen habe. Es macht uns viel Spaß hier
nun einmal ohne Gruppe unterwegs zu sein und solange wir wollen die arktische
Natur und die Stille zu genießen. Es sieht recht herbstlich aus.
Die dominierende Farbe im Gelände ist Gelb bis Rotbraun. Wir beobachten
Vögel, die sich von uns nicht weiter stören lassen und eine Entenfamilie
schwimmt auf einem der zahlreichen Wasserläufe in unserer Nähe.
Dann entdecken wir ein Flugzeugwrack. Es ist ein Kampfflugzeug aus dem
zweiten Weltkrieg, das offensichtlich abgeschossen wurde und nun hier liegt.
Da es vor 1946 hierher gekommen ist, ist es wie auch die Reste der Wetterstation,
die wir vor ein paar Tagen gesehen haben ein Denkmal und bleibt hier liegen.
Eine weitere Besonderheit der arktischen Natur können wir uns
wegen zuvieler Wasserläufe nur durch Fernglas und Teleobjektiv anschauen:
Im Adventdalen gibt es sogenannte "Pingos". Zunächst scheinen
das einfach nur Erdhügel zu sein, wenn man dann aber nachliest
erfährt man folgendes: Pingos sind Hügel die einen Eiskern enthalten
und bis zu 50 m hoch werden können. Sie können über viele
Jahre bestehen. Sie entstehen z.B. in der Nähe von Bergen wenn Schmelzwasser
unter die Permafrostschicht dringen kann und unter dieser talwärts
sickert.und dann am unteren Ende des Bergs durch Risse nach oben drückt.
Das Wasser gefriert zu Eis und so entsteht der Eiskern. Ebenfalls können
verlagerte Flüsse Pingos erzeugen.
Adventdalen
Der Autor dieser Geschichte
Flugzeugwrack aus dem zweiten Weltkrieg
Svalbard-Rentier
Adventdalen
Der Aufenthalt in der Natur macht huingrig! Also zurück zum Auto. Gewehr entladen, im Ort darf es nicht geladen sein. Wir fahren zum Abendessen in den Ort und gehen in das "Kroa". Wir kennen es schon von den letzten Reisen. Hier ist es gemütlich, es ist etwas ungewöhnlich eingerichtet und es gibt gutes Essen. Ich habe eine riesige Pizza gefuttert.
Unser Leihwagen verliert etwas Öl. Das Auto sieht sowieso etwas anders aus als Leihwagen sonstwo auf der Welt: Es hat eine ordentliche Beule in der Heckklappe und der Kühlergrill wirkt bei näherem hinschauen auch nicht mehr ganz neu. Aber das ist egal. Er fährt gut und es sticht so auch nicht so sehr von den anderen Fahrzeugen im Ort ab. Beulen scheinen hier normal zu sein und viele Autos sind auch schon etwas älter. Es ist halt doch sehr aufwendig Fahrzeuge mit dem Schiff hierher zu bringen und so werden die, die hier sind, länger benutzt als auf dem norwegischen Festland. Besonders scheint das auch für Busse zu gelten, es sind teilweise uralte Fahrzeuge, aber sie sind gut einsatzbereit.
So gegen 23:00 Uhr ziehen wir wieder zum mitternächtlichen Fotografieren los. Zuerst in den Ort, dann raus zum Flughafen und Campingplatz. Es ist wieder ganz rotes Licht. Wir fahren ein Stück die Straße zum Plateaufjellet hinauf. Als wir anhalten stinkt das Auto ganz furchtbar nach verbranntem Öl und qualmt aus der Motorhaube. Wir trauen der Sache nicht so recht. So beschließen wir lieber wieder runter und zurück zum Ort zu fahren. Am Kai sehen wir ein paar Schiffe, die wir uns noch schnell anschauen wollen. Eins davon ist die "Origo", ein schwedisches Schiff mit dem Expeditionen rund um Spitzbergen angeboten werden. Dann liegt da noch die "Stockholm", die wohl irgendwie auch zu der Origo gehört. Außerdem liegt hier die "Langøysund", mit der wir am Sonntag nach Pyramiden und zum Nordenskjøldbreen fahren werden. Dieses Schiff habe ich im letzten Dezember in Tromsø gesehen und damals hätte ich gerne gewusst, wo es hinfährt, nun weiss ich es.
Gegen 3:00 Uhr versuche ich das Fenster von Zimmer Nr. 2104 (Herbert
hat 2105) im Nybyen Gjestehus zu verdunkeln und schlafen zu gehen.
Wieder Abend in Longyearbyen
Mitternacht am Adventfjord
Fortsetzung...
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